Kommt das Update für die E-Wirtschaft?
Immer drängender forderte die E-Wirtschaft in den letzten Monaten das angekündigte Gesetzespaket zur Reform des österreichischen Energiesystems ein, nachdem letztes Jahr vor der Nationalratswahl keine Einigung mehr darüber erzielt werden konnte. Am 4. Juli veröffentlichte das BMWET nun den Begutachtungsentwurf für ein neues Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG), das zahlreiche Neuerungen sowohl für Elektrizitätsunternehmen als auch für Stromkund:innen bringen würde. Stellungnahmen dazu sind bis Mitte August möglich.
Hintergründe der Reform
Das derzeit geltende Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) stammt aus dem Jahr 2010 und wird – trotz mehrmaliger Novellierung inzwischen in vielen Punkten nicht mehr den geänderten Rahmenbedingungen am Strommarkt (insbesondere Dekarbonisierung und Dezentralisierung der Energieerzeugung) gerecht. Zudem ist Österreich bereits seit 2021 mit der (vollständigen) Umsetzung der EU-Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie 2019 (Richtlinie (EU) 2019/944) im Verzug, die neben der Förderung erneuerbarer Energie auch den Schutz von Verbraucher:innen und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit zum Ziel hat. In der Zwischenzeit wurde auf EU-Ebene sogar schon eine Änderung der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie 2019 beschlossen (Richtlinie (EU) 2024/1711), die nun ebenfalls gleich im neuen ElWG umgesetzt werden soll.
Wesentliche Eckpunkte
Der vorgestellte Entwurf verfolgt drei Hauptziele
Sicherstellung einer kostengünstigen Stromversorgung bei gleichzeitig hohem Versorgungssicherheitsniveau, insbesondere auch Maßnahmen gegen Energiearmut
Beschleunigung der Energiewende, was auch zur Erreichung der Klimaziele beitragen soll
Stärkung der Netz- und Versorgungssicherheit, unter den geänderten Rahmenbedingungen des Strommarkts und damit auch eine Flexibilisierung von Angebot und Nachfrage
Daraus folgen insbesondere folgende Neuerungen:
Stärkung der dezentralen Energieversorgung
Einführung des „aktiven Kunden“ als weiteren Akteur am Strommarkt: Aktive Kund:innen können selbst Strom erzeugen und den eigenerzeugten Strom verbrauchen, speichern und verkaufen (zB mittels der neuen Peer-to-Peer-Verträge oder im Rahmen von Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften oder Bürgerenergiegemeinschaften).
Teilanschlüsse für neue Anlagen sollen den Netzzugang beschleunigen.
Vereinfachungen für Direktleitungen zB direkte Stromabgabe von Erzeugern an Tochterunternehmen oder Kund:innen
Rechtssicherheit für langfristige Bezugsverträge zwischen Industrie und Ökostrom-Anbietern (PPA)
Mehr Transparenz für Stromkund:innen / Bekämpfung von Energiearmut:
Wahlrecht zwischen Lieferverträgen mit dynamischen und festen Energiepreisen
Wahlrecht zwischen jährlicher Abrechnung (wie bisher) oder monatlicher Abrechnung, sofern am Zählpunkt bereits ein Smart-Meter installiert ist
Verpflichtender Hinweis auf den Tarifkalkulator der E-Control auf der Stromrechnung
Einführung eines gestützten Tarifs für begünstigte Haushalte („Sozialtarif“); anspruchsberechtigt sollen all jene Haushalte sein, die vom ORF-Beitrag befreit sind.
Maßnahmen zur Netzstabilität und Flexibilisierung (Speicher- und Einspeisemanagement)
Ansteuerbarkeit neuer PV-Anlagen und Regelungen zur „Spitzenkappung“ bei (neuen) Windkraft- und PV-Anlagen: Möglichkeit der Festlegung dauerhafter Einspeisebegrenzungen bei drohender Netzüberlastung, um das Netz nicht (überall) für Spitzeneinspeisezeiten ausbauen zu müssen.
Neue Vorgaben für die von der E-Control festzusetzenden Netzentgelte, um „netzdienliches Verhalten“ zu fördern; insbesondere sollen künftig auch für die Einspeisung von PV-Anlagen Netzentgelte fällig werden, während Speicheranlagen davon ausgenommen sein sollen. Möglicherweise werden diese Netzentgelte je nach Tageszeit und Stromangebot unterschiedlich hoch ausfallen.
Erstes Fazit
Der ElWG-Entwurf enthält viele Weichenstellungen für einen modernen Strommarkt, auf die die E-Wirtschaft lange gewartet hat. Insbesondere im Hinblick auf den Erneuerbarenausbau (immerhin eines der Kernziele) bedürfen einige Bestimmungen aber noch einer Nachjustierung, um die weiteren – notwendigen – Ausbaupläne nicht durch netzregulierende Maßnahmen auszubremsen.
👉 Jetzt ist daher Beteiligung gefragt: die (verlängerte) Begutachtung läuft noch bis 15.8.2025.
Nähere Informationen:
Parlamentswebsite: Begutachtungsentwurf mit allen Materialien und bereits abgegebenen Stellungnahmen https://www.parlament.gv.at/gegenstand/XXVIII/ME/32?selectedStage=100